Unser Corona – Intermezzo
Virtuelle Chorproben
oder
Auch der homo musicus ist ein Gewohnheitstier
Anfangs war die Sache durchaus sehr beklemmend.
Der Chor als gefährlicher Infektionsherd für das Corona-Virus?
Ein Klangkörper voller Risikopatienten?
Keine Chorproben mehr bis auf Weiteres?
Nach und nach schien sich die Lage zwar ein kleines bisschen zu stabilisieren und das Fachwissen über dieses Virus, über Tröpfchen und Aerosolbildung wuchs mit jedem Tag.
Da wir aber noch weit entfernt von „Normalzuständen“ unter Sängern waren, trieb mich als Chorleiterin mit jedem Tag ein wenig mehr die Sehnsucht um:
Was ist mit meinem Chor?
Wie könnte man diese neue Situation bestmöglich nutzen?
Wie dafür sorgen, das die Stimmen schwingungsfähig bleiben, die Motivation nicht flöten geht und die Besorgnis den inneren Zusammenhalt des Chores nicht aus dem Takt bringt?
Oder würden wir mit Pauken und Trompeten scheitern??
Hm.
Warum nicht endlich mal all das in's Rampenlicht holen, was in der gewohnten Form der Chorprobe in den Kulissen bleiben muss? Weil die Zeit meist drängt und der nächste Auftritt im Gottesdienst oder das nächste Projekt anstehen.
Hintergründe der Chorliteratur zum Beispiel. Die Geschichte des Singens. Oder gezieltes Gehörtraining. Theorie! Langweilig? Doch nicht mit mir!
Diese Überlegungen trieben mich schließlich dazu, eine kleine Vortrags-Reihe für den Chor zu erarbeiten. Ein Gang durch die Musikgeschichte, der die Entwicklung des Singens und des Chorgesangs in den Blick nimmt. Schlaglichtartig. Es sollte ja kein musikwissenschaftliches Seminar werden, nein, sondern ein kleiner virtueller Hörsaal, eine ergänzende Veranstaltung zum vorherigen digitalen Probengeschehen, die sachkundig informiert und bis zu einem gewissen Grad auch unterhält.
Und seit ich herausgefunden habe, wie man die Zoom-Videokonferenzen bequem mit Youtube - Hörbeispielen anreichern kann, ist die Sache für meine Zuhörer sogar nochmal ein wenig spannender und abwechslungsreicher geworden. Wie sollte jemand auch die veränderte Bedeutung der Melodie in der Wiener Klassik begreifen, ohne dabei eine Mozart-Arie oder eine wunderschön dahinfließende Gesangslinie aus Haydns „Schöpfung“ vor Augen und Ohren geführt zu bekommen??
Fazit: Natürlich freue ich mich ungeduldig darauf, wieder direkt am Chorklang und am Singen all meiner vertrauten Stimmen zu arbeiten und den Klang im Raum sowie dessen Wirkung auf andere Menschen zu genießen.
Aber bis es soweit ist, freue ich mich über jedes Gesicht und jede Stimme auf meinem Bildschirm.
Was meint die Chorfamilie dazu?:
„Spannende neue Eindrücke mit Schlaglichtern aus vielen Epochen; das große Vergnügen (selbst als bekennende Social Media Abstinenzlerin), Gemeinschaft sowie unsere wunderbare Chorleiterin auch virtuell zu erleben; neues Selbstbewusstsein beim (bis dato wenig erprobten) Singen in den eigenen vier Wänden – Reinschauen lohnt sich!“
M.S.
„…Wir hören viel über die Musikstile und die verschiedenen Komponisten. Es ist großartig, wie du uns das vermittelst. Auch die Stimmübungen(…) machen Freude…“ „Das war wieder ein ganz toller Abend. Herzlichen Dank. Es hat mich sehr berührt und glücklich gemacht.“
„…Ich bin danach total beseelt…“
S.P.
„Die virtuellen Meetings zur Stimm- und Gehörbildung und Musikgeschichte werden von Mal zu Mal interessanter, insofern, als wir alle routinierter werden, sowohl in der Technik, dem Handling des PCs oder Handys, als auch der Kommunikation während des Meetings.
Barbara Sailer hat das Dirigat, wir starten wie bei den Proben im Saal mit gymnastischen Lockerungen, Gehör- und Stimmbildungsübungen und zum Schluß trägt uns Barbara Musikgeschichte vor. Begonnen haben wir im April mit dem röm. Kaisertum, über das Mittelalter, die Renaissance, Barockzeit, Rokoko und haben das letzte Mal über Beethoven, Mozart und Haydn gehört. Also mir gefällt´s!“
H.B.
„Chor und Corona ist nicht unbedingt etwas, das sich ausschließt. Unser Paul-Gerhardt-Chor wollte den Montagabend nicht ohne Chorprobe verbringen und so hat unsere Chorleiterin eine Möglichkeit gefunden, trotz Corona eine etwas andere Chorprobe zu installieren und in die Quarantäne zu verschicken, ohne das wir ein Hygienekonzept mit Abstandsregeln und dergleichen einhalten müssen.
Man erhält per Mail einen Link und muss so, gut vorbereitet, einem „meeting“ beitreten und schon sieht man erwartungsvolle Chormitglieder auf dem Bildschirm. Nach einigen Anfangsschwierigkeiten sind nun aber nur noch frohe Gesichter am Ende der Chorprobe erschienen, mit „Freude, schöner Götterfunken“ im Ohr und im Herzen.
Vielen Dank – Barbara Sailer – für Deine wunderbaren Vorträge zur Musikgeschichte und Deine hilfreichen Stimmübungen, die unsere Stimmen nicht verstummen lassen, trotz Corona.
Wir haben einen Chor gesucht und Menschen gefunden.“
K.F.K.
„Ein Chor lebt von seinen regelmäßigen Proben und dem sozialen Austausch seiner Sänger und Sängerinnen. Es sind nicht nur die Töne, die während der Proben gemeinsam zum Klingen kommen, sondern auch die Minuten vor und nach den Proben, wenn wir auf einen Geburtstag anstoßen oder zu einer bestandenen Prüfung gratulieren und Anteil nehmen an den alltäglichen Dingen, die uns bewegen und beleben.
Sehr abrupt war ab Mitte März mit der Ausbreitung des geheimnisvollen Covid-19 Virus alles anders – keine Chorproben mehr erlaubt. Na, es wird schon nicht so lange dauern, bis sich die Situation wieder normalisiert, dachte ich zuerst. Dann kam es anders: Schon nach den ersten Wochen habe ich „den Chor“ und unsere regelmäßigen Proben schmerzlich vermisst, bis zu dem Tag, als Barbara Sailer den Vorschlag einer virtuellen Chorprobe am PC machte.
Zwar kann das nicht unsere regulären Chorproben und die handgemachte Musik ersetzen, aber alle, die möchten, können sich zur gewohnten Zeit sehen und sprechen und zum Teil das starke Gefühl der Gemeinschaft nähren und erhalten.
Einen großen Teil der virtuellen Probe gestaltet Barbara mit einem virtuellen, geschichtlichen Ausflug in die Entwicklungsschritte der Musik über die Jahrhunderte hinweg, mit all seinen kirchlichen und weltlichen Einflüssen. Angefangen von den Mönchsgesängen im Mittelalter, über die Renaissance und das Barock bis hin zur Klassik und noch weiter. Per Youtube gibt´s musikalische Beispiele, die wir uns zusammen anhören.
Ich finde es so großartig, dass wir einen Weg entdeckt haben, auf dem wir weiterhin eine Art Chorprobe gestalten können und der Corona Krise und ihren Auswirkungen mit Kreativität trotzen.
Allen anderen Erwachsenengruppen der „PGG“ Kirchengemeinde kann ich dieses positive Beispiel nur wärmstens empfehlen und zur Nachahmung an's Gruppenherz legen. Es lohnt sich.“
J.R.
Wer jetzt Lust bekommen hat, sich „einzuklicken“, ist herzlich eingeladen, das zu tun. Links gibt's bei mir oder bei jedem einzelnen Chormitglied.
Barbara Sailer
Musikalische Schatztruhe
Eine Übersicht unserer vergangenen Konzerte und Projekte finden sie hier:
Meditationskonzert (2019)
Die Farben des Sommers
Singen macht glücklich. Singen heilt. Singen verbindet Menschen.
Chorwerke und Klangbilder in frühsommerlicher Note.
Ein Konzert zum Genießen und Entspannen. 01. Juni 2019
Mondscheinkonzert (2017)
Den Mond zurück an den Himmel gesungen
Es war die Nacht nach Neumond, eine dunkle Herbstnacht – und doch hat der Mond selten heller geschienen in Niederrad. In der gut gefüllten Kleinen Kirche des Stadtteils jedenfalls war das Himmelsgestirn sehr präsent, denn dort gab der Kirchenchor der evangelischen Paul-Gerhardt-Gemeinde unter der Leitung von Barbara Sophia Sailer sein erstes Konzert seit mehreren Jahren:
ein Mondscheinkonzert.
Es war ein sehr variantenreich gestalteter Musikabend: Chor, Gesangssolisten, Klavier, Klarinette und Gitarre kamen in unterschiedlichsten Kombinationen zum Einsatz: Chor mit Klavier, Chor mit Gitarre, Chor mit Gitarre und Gesangssolo, Solo-Gesangsduett, Klarinette und Klavier…
Thema des Abends war die Romantik: Vorgetragen wurden vor allem Kinder- und Volkslieder wie „Der Mond ist aufgegangen“, „Nun ruhen alle Wälder“, „Guten Abend, gut´ Nacht“ oder „Abend wird es wieder“, die fast jeder zumindest teilweise kennt, weil seine Eltern sie ihm vorgesungen haben oder er sie seinen Kindern gesungen hat. Aber es ging nicht nur um Musik zum Schwelgen: Die Arrangements der Lieder waren teilweise modern und forderten so das Gehör der Besucher heraus.
Sehr auflockernd und lehrreich die Gedichte und Erklärstücke zur Romantik und auch zur Schwarzen Romantik, die gelesen und gesprochen wurden. Und wie gut der Chor es wieder gelernt hat, dass die Stimmen einander auch auf Distanz hören, zeigte einer der Höhepunkte des Abends: der Kanon „Abendstille überall“, den der Chor, über die ganze Kirche verteilt, zum Vortrag brachte.
Die Chorleiterin hat mit viel Phantasie, guter Auswahl der Musikstücke und gut vorbereiteten Musikern ein kleines Meisterstück vollbracht (…). Hauke Gerlof